Anlagenbau & Prozesstechnik

Risikomanagement in der Praxis

Folge 3: Ladungsträger und Verpackungsmaterial aus Kunststoff

23.02.2011 -

Personen und Sachwerte zu schützen und Betriebsunterbrechungen zu vermeiden ist eine der wichtigsten Managementaufgaben. Die Herausforderung: Viele Gefahren sind nicht immer auf den ersten Blick erkennbar. CHEManager stellt in dieser Reihe Risiken und Lösungsansätze vor, auf die Sicherheitsbeauftragte und Werksleiter ein besonderes Augenmerk legen sollten - von A wie Ammoniak bis Z wie Zutrittskontrolle.

Ein großer Teil der Stoffe und Zubereitungen, die in der chemischen Industrie zum Einsatz kommen, weisen gefährliche Eigenschaften auf. Der Umgang mit ihnen erfordert besondere Vorsicht. Doch nicht nur die eingesetzten Gefahrstoffe an sich, sondern auch Ladungsträger und Verpackungsmaterialien aus Kunststoff können bei Unachtsamkeit zu bösen Überraschungen führen.

Gefahrenpotentiale

In immer mehr Lagerbereichen werden heutzutage Ladungsträger aus Kunststoff eingesetzt. Diese sind zum einen sehr langlebig und robust im Verhältnis zu ihrem Gewicht, zum anderen sind sie vergleichsweise einfach zu reinigen. In der Regel bestehen solche Paletten, Boxen und Tablare aus Polyethylen, Polypropylen oder Acrylnitril-Butadienstyrol - und geben damit der Gefahr eine neue Dimension. Denn der Brenn-/Heizwert von Kunststoff liegt in der Regel zwischen 37.200 und 46.500 kJ/kg. Das entspricht in etwa dem Wert von Heizöl. Das Brandausmaß eines Stapels Kunststoffpaletten kann somit zwei- bis dreimal stärker sein als bei einem Brand mit der gleichen Anzahl Holzpaletten. Außerdem können Kunststoffpaletten schmelzen, dabei Tropfen bilden und zu Lachenbränden führen, die einem Flüssigkeitsbrand gleichkommen.

Neben Ladungsträgern sind auch Verpackungsmaterialien aus Kunststoff eine Gefahr, die mitunter schnell übersehen wird. In vielen Bereichen werden zum Beispiel geschäumte Kunststoff-Inlays verwendet. Insbesondere offenporige Verpackungsmaterialien weisen jedoch Brandeigenschaften auf, die höchste Vorsicht erfordern und besondere Anforderungen an automatische Feuerlöschsysteme stellen. Denn Kunststoffe kombinieren hohe Abbrandraten mit einer hohen Energiedichte. Das bedeutet, dass sie bei Verbrennung sehr viel Energie freisetzen, was die Brandausbreitung beschleunigt und oft zu extremen Verrauchungen führt. Als Faustregel gilt: 10 kg geschäumter Kunststoff ergeben ca. 25.000 m³ toxische und korrosive Rauchgase.

Eine weitere potentielle Gefahrenquelle stellen die 1.000 L Intermediate Bulk Container (IBC) aus Kunststoff dar, in denen z.B. Kraftstoffe, Lacke und andere brennbare Flüssigkeiten gelagert werden. Diese können im Gegensatz zu Metallbehältern leicht mechanisch beschädigt werden. Außerdem besitzen sie praktisch keinen Feuerwiderstand und schon relativ geringe Energiemengen können ausreichen, sie zu entzünden. Unsere Schadenauswertungen und Versuche zeigen: Fangen IBCs erst einmal Feuer, verlieren sie oft in weniger als 5 Minuten ihre strukturelle Integrität und geben den gesamten Inhalt frei. Bei 2 mm angenommener Höhe bildet sich so schnell eine Flüssigkeitslache von fast 25 m Durchmesser oder ca. 500 m².

Schutzmaßnahmen

Trotz dieser beschriebenen Gefahrenpotentiale - die Mehrzahl aller Schäden im Zusammenhang mit Ladungsträgern und Verpackungsmaterialien aus Kunststoff ist vermeidbar. Voraussetzung sind jedoch ein adäquates Sicherheitskonzept, angepasste automatische Löschsysteme und die Entwicklung betriebsspezifischer Schutzmaßnahmen. Neben einem adäquaten Sprinklerkonzept sollte auch eine effektive Notfallorganisation Teil eines solchen Sicherheitskonzepts sein. 

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