Vetter Pharma eröffnet Produktionsstätte in Ravensburg
27.02.2012 -
Vetter Pharma eröffnet Produktionsstätte in Ravensburg
Pharmazeutische Produktionsstätten stehen vor der Herausforderung, schon heute den Marktanforderungen nach technologischen und regulatorischen Standards von morgen entsprechen zu müssen. Ein Beispiel einer hochmodernen Produktionsstätte für aseptische Abfüllung ist das neue Produktionswerk Ravensburg Vetter Süd (RVS) von Vetter Pharma-Fertigung: Mit der klima- und produktionstechnischen Bauausführung und mit den aseptischen Abfüllprozessen ist diese Produktionsstätte fit für die Zukunft.
Vetter ist spezialisiert auf die Abfüllung flüssiger und lyophilisierter Arzneimittel in Glasfertigspritzen, Karpulen, Vials sowie in eigene Applikationssysteme wie beispielsweise die Doppelkammer-Fertigspritze Vetter Lyo-Ject. Jahr für Jahr produziert das Unternehmen ca. 400 Mio. Produktionseinheiten vorgefüllter Spritzensysteme. Damit ist Vetter der weltweite Marktführer in diesem Segment.
Mit dem Erhalt der Herstellungserlaubnis für den neuen Standort durch das Regierungspräsidium Tübingen konnte Vetter am 11. Januar 2007 nach nur drei Jahren Planungs- und Bauzeit eine der modernsten Fertigungsanlagen der Welt in Betrieb nehmen.
Herausforderungen an die Planung
Der Bau des Werkes hatte im September 2003 begonnen. An den Baumaßnahmen waren vom kleinen Ingenieurbüro bis zum Großanlagen-Hersteller rund 70 Lieferanten beteiligt. Das Investitionsvolumen lag bei ca. 100 Mio. €. Für die Umsetzung dieses ambitionierten Großprojektes hatte Vetter ein professionelles Projektmanagement aufgesetzt, das bereits im Planungsstadium die Basis für eine reibungslose Projektentwicklung und höchste Ausführungs- und Fertigungsqualität geschaffen hatte.
Ein durchgängiges Projektablaufschema und eine durchgängige Designqualifikation fixierten die Meilensteine hinsichtlich Ausführungsablauf, Qualifizierung und Validierung der Anlagen und Prozesse. Ein Qualitätsbeauftragter stellte die technische und inhaltliche Qualität im Projekt sicher – er führte Audits bei Lieferanten durch und überwachte u.a. alle technischen Tests (inkl. Factory Acceptance Tests, Final Commissioning Tests) bis zur Qualifizierung.
RVS Produktionslinien – Überblick Ausbaustufe 1
Die Produktionsstätte RVS besteht im Endausbau aus vier unabhängig zu betreibenden Produktionsanlagen. Zusätzlich zum Hauptgebäude wurde ein Technikgebäude für die Dampferzeugung und Notstromversorgung errichtet. Die gesamte Produktionsfläche wird ca. 4.500 m2 betragen. Derzeit ist die Ausbaustufe 1 umgesetzt, die zwei voneinander getrennte Produktionsanlagen umfasst: In der Multiformat- Anlage RVS 1 werden Vetter Doppelkammersysteme abgefüllt, die Kombi-Format- Anlage RVS 2 steht für die Herstellung von Karpulen und Vials (flüssig und lyophilisiert) zur Verfügung.
Die für die Ausbaustufe 2 vorgesehene Produktionserweiterung mit zwei zusätzlichen Abfüllanlagen ist räumlich eingeplant und versorgungstechnisch größtenteils vorinstalliert. Der Ausbau kann daher neben dem laufenden Produktionsprozess erfolgen. Zur Realisierung des mehrstufigen Ausbaus von RVS ist auch der Installationsbereich zur Medienerzeugung modular ausgerichtet. Bei steigendem Bedarf kann dabei die Verbraucherleistung stufenweise angepasst werden.
Flexibel und funktionell
In RVS sind Reinraumklassen C und A/B definiert. Der Produktionsprozess ist hoch automatisiert und im Bereich von Klasse A vollständig frei von Mitarbeitern. Um aseptische Prozesse zu sichern und Sterilqualität zu erzielen, setzt Vetter zudem im Bereich der Abfüllung (Klasse A) das Restricted Access Barrier System (RABS) ein, das auch in allen anderen Produktionsstätten von Vetter zum Einsatz kommt: Das von Vetter bereits seit 1996 eingesetzte RABS verbindet die Funktionalität eines Isolators und die Flexibilität eines klassischen Reinraumes: Laminare Luftströme (LF) und ein Trennwandsystem erzeugen dabei in den Reinräumen Barrieren zwischen Personal und Maschinen. Alle Geräte, die in direktem Kontakt mit dem Produkt stehen, sind sterilisiert. Sämtliche Arbeiten an den Maschinen werden mit sterilen Handschuhen vorgenommen. Mensch, Maschine und Umgebung werden also klar getrennt.
Räume, die das potentielle Risiko einer Cross-Kontamination aufweisen, sind durch Schleusen getrennt. Schleusen gewährleisten auch die lüftungstechnische Trennung von Räumen verschiedener Reinheitsklassen sowie einbahnigen Personal- und Materialfluss (gilt für Dispensations-, Ansatz- und Abfüllräume). Um Cross-Kontamination zu verhindern, wird die Rückluft der Ansatz- und Wiegeräume als Fortluft ins Freie geführt. Die Umluft der LF-Geräte in Ansatz- und Wiegeräumen wird zusätzlich über leicht zu wechselnde Filter geleitet. Die vorgeschriebenen Differenzdrücke, Luftwechselraten und LF-Ströme werden automatisch geregelt und eingehalten.
RVS 1 – Eigene Abfülllinie für Doppelkammertechnologie
Vetter ist Experte in der Verarbeitung von biotechnologisch hergestellten, hochempfindlichen Wirkstoffen wie beispielsweise Proteinen, monoklonalen Antikörpern, Interferonen und GNRH-Produkten. Diese hochkomplexen Wirkstoffe sind häufig nur durch Lyophilisierung (Gefriertrocknung) über einen längeren Zeitraum haltbar. In RVS 1 werden diese Arzneimittel auf einer eigens von Vetter entwickelten Linie nach den neuesten GMP- und FDA-Vorschriften in das Spritzensystem Vetter Lyo-Ject oder das Karpulensystem V-LK abgefüllt und lyophilisiert.
Die Lyophilisationsprozesse sind dabei mit denen der anderen Abfüllanlagen von Vetter vergleichbar: Auf der Füllmaschine 1 wird zunächst der Mittelstopfen gesetzt. Nach einer Wendestation des Glaskörpers erfolgt die Wirkstoffbefüllung, dann wird das Verschlussteil in Lyo-Position auf den Glaskörper aufgesetzt. Das Öffnen, die Beladung und das Schließen auf der einen sowie die Entladung der Gefriertrockner auf der gegenüberliegenden Seite erfolgt vollautomatisch. Auf der Entlade-Seite erfolgt auf Füllmaschine 2 die Sicherung des Verschlussteiles.
Anschließend wird der Glaskörper gedreht und die Solvenskammer befüllt. Die Wiegekontrolle erfolgt wie auch bei Füllmaschine 1 automatisch und integriert. Nach Setzen des Verschlussstopfens der Solvens- Kammer ist der Herstellprozess unter aseptischen Bedingungen abgeschlossen und das Produkt wird zur Weiterverarbeitung ausgeschleust. Diese Linie ist auch einsetzbar zur flüssig/flüssig-Abfüllung von Wirkstoffen, die nur in getrennter Form über einen längeren Zeitraum stabil bleiben.
Verknüpfung von Erfahrung und Technologie
Bei der Umsetzung von RVS konnte Vetter auf jahrzehntelange Expertise in der Realisierung aseptischer Abfüllungsprozesse sowie Erfahrung im Umgang mit Behörden wie der FDA, der EMEA, dem Regierungspräsidium Tübingen und Ländern wie Kanada, Russland, Brasilien, Mexiko und Saudi Arabien zurückgreifen. Diese Erfahrung und der Einsatz innovativer state-of-the-art Technologien machen Ravensburg Vetter Süd zu einer der modernsten Anlagen im internationalen Markt. RVS setzt damit den hohen Qualitätsanspruch, den alle vorhanden Vetter Produktionsstätten in Ravensburg und Umgebung erfüllen, fort: Alle Produktionsstätten unterliegen seit mehr als 20 Jahren regelmäßigen, erfolgreichen Prüfungen nationaler und internationaler Zulassungsbehörden.