Aus Overlack wird „OQEMA“
Interview mit Peter Overlack: Chemiedistributeur richtet sich mit neuem Namen auf europäische Märkte aus
Die Overlack-Gruppe wurde 1922 gegründet und nimmt heute eine führende Position im europäischen Chemiedistributionsmarkt ein. Die Firmengruppe definiert sich als traditionelles, beständiges Familienunternehmen, zu dessen Wertedenken Verlässlichkeit, Kontinuität und nachhaltiges Wachstum gehören. Umso überraschender erscheint es, dass sich das in Mönchengladbach ansässige Unternehmen ab dem nächsten Jahr unter einem neuen Namen präsentieren wird. Michael Reubold sprach mit dem Vorstandsvorsitzenden Peter Overlack, der das Handelsunternehmen in dritter Generation leitet, über das bevorstehende Re-Branding.
CHEManager: Herr Overlack, Ihr Unternehmen erhält einen neuen Namen: „OQEMA“. Was steckt hinter der Namensänderung?
P. Overlack: Um es gleich vorweg zu sagen: Wir führen unsere Geschäfte fort wie bisher. Wir ändern zwar unseren Namen – aber nicht uns und unsere Art. „OQEMA“ bleibt ein Familienunternehmen und auch unsere internen Strukturen bleiben bestehen. Wir haben uns für einen neuen Markennamen entschieden, um unserer europäischen Zukunftsvision Ausdruck zu geben. Wir wollen unsere Position als einer der führenden Distributoren für Spezialitäten, Basischemikalien und Dienstleistungen in Gesamteuropa weiter ausbauen. Dafür ist sicherlich ein einheitlicher Außenaufritt aller zur Gruppe gehörenden Unternehmen – es sind derzeit 20 Firmen in 17 Ländern – wichtig.
Overlack ist in den letzten Jahren gewachsen. Mit welcher Strategie?
P. Overlack: Wir fühlen uns im Kontext des Aufbaus unserer europäischen Distributionsaktivitäten einer doppelten Wachstumsstrategie verpflichtet: Wir wollen investiv wachsen – und verfolgen dieses Ziel zum einen durch Akquisitionen, besonders in europäischen Ländern, in denen wir bisher noch nicht sind. Zum anderen wachsen wir organisch, das heißt, durch den kontinuierlichen Ausbau unserer Produkte und Dienstleistungen. Schon jetzt vernetzen wir das Expertenwissen von mehr als 900 Mitarbeitern aus ganz Europa. Die übrigens alle enormen persönlichen Einsatz zeigen, um wirklich alles für unsere Kunden möglich zu machen. Alle diese Menschen wollten wir unter ein namentliches Dach holen. Bisher hatten wir ja diverse Firmenbezeichnungen innerhalb der Gruppe. Wichtig ist uns, dass alle Unternehmen der Gruppe unter einheitlichem Auftritt trotzdem tief in ihren regionalen Märkten verankert bleiben.
Wie ist der neue Name zu Stande gekommen?
P. Overlack: Wir haben einen Namen gesucht, der einprägsam und modern klingt und gleichzeitig unsere Unternehmenswerte in die Zukunft trägt. Als Erkennungsmerkmal haben wir daher das „O“ von Overlack behalten. Es steht für das, was uns als Overlack erfolgreich gemacht hat hat, nämlich, dass wir chemieverarbeitende Unternehmen sicher, schnell und zuverlässig mit den notwendigen Produkten versorgen – in jeder Menge , an jedem Ort und zur richtigen Zeit. Das war schon immer so, das wird auch in Zukunft so bleiben. Das „QEM“ steht für Chemie, die Schreibweise mit „Q“, die aber wie „K“ gesprochen wird, haben wir bewusst gewählt – ein „Stolperer“, der eine verbesserte Verhaftung beim Leser bewirken soll. Dieser ungewöhnliche Buchstabe im Firmennamen hat einen hohen Aufmerksamkeitseffekt. Man könnte auch sagen, das „Q“ steht für „Qarakter“, den wir bei unseren Mitarbeitern, Partnern und Kunden besonders schätzen. Das „A“ am Ende drückt unseren geografischen Anspruch „All over Europe“ aus.
Stichwort: Europa. Heute setzt Ihre Gruppe europaweit rund 650 Mio. EUR um. Wie hat Ihr Aufbruch nach Europa angefangen?
P. Overlack: Angefangen hat es eigentlich schon 1988. Damals hatte ich mit den Gesellschaftern darüber gesprochen, dass wir das Unternehmen vergrößern müssen. Wir waren zu klein, um wahrgenommen zu werden. Und so haben wir Anfang der 1990er Jahre mit sehr begrenzten Mitteln versucht, unsere regionale Präsenz auszuweiten. Der Fall der Mauer ist uns entgegengekommen. Die Länder jenseits der damaligen DDR waren quasi Terra Incognita, und inklusive DDR gab es dort zuvor für den westlichen Chemiehandel überhaupt keine Operationsbasis. Nach dem Mauerfall, gleich im Juni 1990, habe ich persönlich die „Ostzone“ bereist – und Partner für unser unternehmerisches Vorhaben gesucht. Gesucht – und glücklicherweise gefunden. Zu viert saßen wir nur Wochen später beim Notar, mein Vater, ich und zwei waschechte Sachsen, die – das finde ich besonders toll – noch heute bei uns sind. Wir haben die Gründung unserer Leipziger Niederlassung besiegelt. Dann sind wir nach Polen und Tschechien gegangen und haben bis 2005 nach und nach den ganzen osteuropäischen Markt aufgefächert.
In der zweiten Hälfte der 2000er Jahre war Overlack ein deutsches Unternehmen mit einem starken osteuropäischen Fokus. Ich glaubte persönlich aber, dass das Unternehmen besser aufgestellt wäre, wenn wir ganz Europa abdecken würden, jedoch nicht, dass man unbedingt global aufgestellt sein muss. Die Vorteile aus einem globalen Netzwerk werden meines Erachtens durch eine deutlich zunehmende organisatorische Komplexität einer solchen Organisation kompensiert oder sogar überkompensiert. In Amerika oder Asien haben wir es mit regionalen Teilmärkten zu tun. Die Hebung von Synergien zwischen den Kontinenten ist begrenzt. Aber Europa - das ist ein abgegrenzter Teilmarkt. Und den wollen wir insgesamt abdecken.
Sie sagten eben, dass Sie zunächst mit sehr begrenzten Mitteln versucht haben, die regionale Präsenz des Unternehmens auszuweiten. Das änderte sich dann aber.
P. Overlack: Ja. Das Problem mit etablierten Märkten wie Italien, Frankreich, Spanien und England oder auch Skandinavien ist, dass man es dort mit langjährig verwurzelten Wettbewerbern mit gewachsenen Kundenbeziehungen zu tun hat. Was in Osteuropa nach der Wende funktioniert hat, würde dort nicht funktionieren oder zumindest schwierig sein. Uns war klar: Wenn wir uns dort entwickeln wollen, müssen wir zukaufen, und zwar in Kaufpreisgrößenordnungen in zweistelliger Millionenhöhe, die wir vorher bei Overlack nie aufgewendet hatten. Und es war uns auch klar: auf Basis der bestehenden Eigenkapitalausstattung schaffen wir das nicht. Wir brauchten Private Equity.
Und haben sich für die Hannover Finanz-Gruppe als Eigenkapitalgesellschafter entschieden.
P. Overlack: Ja, wir haben eine mittelstandsadäquate Private Equity-Firma gesucht, die uns als Partner begleiten will. Und das ist uns zum Jahresbeginn 2015 mit der Hannover Finanz gelungen. Mit Hilfe des neuen Kapitals haben wir im gleichen Jahr mit Klink und Lansdowne zwei Akquisitionen unternommen, die wir 2016 konsolidiert und integriert haben. Das hat sehr gut geklappt. Dazu haben wir aus eigener Kraft noch kleinere Zukäufe arrondiert. Auf dem Pfad sind wir weiter unterwegs. Für 2018 haben wir einige kleinere Zukäufe auf dem Zettel und sind an zwei, drei größeren Unternehmen dran, die wir – durch eine zusätzliche Tranche Private Equity vom gleichen Kapitalgeber – erwerben könnten. Das ist aber noch nicht vertragsreif.
Das heißt, der Investor ist eher langfristig interessiert?
P. Overlack: Ja, die Hannover Finanz ist der richtige Partner für uns. Er spricht unsere Sprache und weiß, wie wir denken. Das sind sympathische Menschen, die ausreichend hemdsärmelig sind, die einen Mittelständler nicht mit formalisierten Strukturen und Prozessen erdrücken. Insofern sind wir im Moment durchaus zufrieden.