Menschlichen Proteine: Wichtige Pharma-Wirkstoffe sind Glycoproteine
16.11.2011 -
Enzym mit Zuckerantenne. Mehr als die Hälfte aller menschlichen Proteine, aber auch viele wichtige Pharma-Wirkstoffe sind Glycoproteine, d.h. sie tragen Zuckerbausteine.
Natürliche Glycoproteine haben in der Regel keinen einheitlichen Zuckerteil. Mit heutigen Reinigungsverfahren ist es praktisch unmöglich, ausreichende Mengen einheitlicher Glycoproteine für systematische biomedizinische Studien zu isolieren. Ein Nachbau im Labor ist eine gute Alternative – aber auch eine sehr komplexe Aufgabe.
Wissenschaftlern um Prof. Carlo Unverzagt von der Universität Bayreuth ist es gelungen, Ribonuclease C (RNase C), ein glycosyliertes Enyzm aus dem Rinderpankreas, mit einer neuen Synthesestrategie nachzubauen. Das Team baute die RNase C sequenziell aus mehreren Fragmenten auf, die sie am Ende durch „native chemische Ligation“ verknüpften.
Ein Peptidfragment wird dazu über eine Thioestergruppe mit der endständigen Cysteingruppe eines zweiten Peptidfragments verknüpft. Das kritische Peptidfragment mit der „Zuckerantenne“, stellten die Forscher chemisch per Festphasensynthese her. Ein weiteres Fragment wurde bakteriell mittels einer vom Proteinspleißen abgeleiteten Technik gewonnen. Aus einem in einer Zellkultur produzierten Fusionsprotein spaltet sich dabei autokatalytisch eine Proteinsequenz (Intein) ab.
Besonders schwierig: Das freiwerdende Proteinfragment enthält außer der endständigen Cysteingruppe sieben weitere Cysteine. Deren Schwefel-Wasserstoffgruppen sind äußerst reaktiv und oxidationsempfindlich. Um sie zu schützen, wurden sie in Form gemischter Disulfide „abgekapselt“. Diese Schutzgruppen lassen sich anschließend leicht wieder entfernen.
Dank ausgefeilter Techniken gelang es schließlich, die einzelnen Fragmente korrekt zu verknüpfen, das Enzym in die natürliche Form zu falten und die Schwefelatome der Cysteine in der richtigen Weise zu Disulfidbrücken zu verkuppeln, so dass eine funktionstüchtige RNase C entstand.