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Chemiekonjunktur: Europas Chemiegeschäfte laufen gut

09.04.2013 -

Europas Chemiegeschäfte laufen gut. Die europäische Chemiekonjunktur hat im laufenden Jahr kräftig Fahrt aufgenommen: Produktion, Branchenumsatz und Erzeugerpreise erklommen von Monat zu Monat neue Höchststände. In den ersten drei Quartalen wurde das Vorjahresniveau bei allen Konjunkturindikatoren deutlich übertroffen werden. Auch die Ertragslage der Unternehmen hat sich spürbar verbessert. Folglich steigt seit Monaten die Stimmung in der Branche. Die Gründe für die positive Entwicklung liegen zum einen in der boomenden Weltwirtschaft. In nahezu allen für das europäische Chemiegeschäft wichtigen Exportmärkten wächst die Wirtschaft derzeit kräftig. Entsprechend rasant steigt dort die Nachfrage nach Chemikalien. Zum anderen hat auch die europäische Wirtschaft einen Gang höher geschaltet: Dank anziehender Investitionen und einer Erholung im privaten Konsum ist neben dem Exportgeschäft auch die Binnenkonjunktur angesprungen. In Europa wächst das Bruttoinlandsprodukt daher insbesondere in Deutschland deutlich schneller als in den vorangegangenen Jahren.

Die europäische Chemieproduktion befindet sich seit Beginn des Jahres 2006 auf Wachstumskurs. Sie expandierte von Quartal zu Quartal und lag im Durchschnitt der ersten 9 Monate knapp 4% höher als ein Jahr zuvor. Ein Ende des Wachstums ist bisher zwar nicht in Sicht. Dennoch hat sich der Aufwärtstrend im dritten Quartal leicht abgeschwächt. Das entsprechende Vorquartal wurde lediglich um 3,2% übertroffen.

Chemieproduktion wächst um 4%

Der Aufschwung im europäischen Chemiegeschäft hat zuletzt an Breite gewonnen. Während das Wachstum im Vorjahr nur wenige Chemiesparten erfasste, profitieren derzeit nahezu alle Chemiesparten von der guten Geschäftslage. Allein die Produktion von Agrochemikalien war rückläufig. Sie hat ihre eigenen Zyklen, die vom Wetter und dem Auftreten bestimmter Schädlinge und nicht vom Wachstum der Weltwirtschaft bestimmt werden. Alle anderen Chemiesparten konnten im Vergleich zum Vorjahr zulegen: Die Pharmaproduktion stieg sogar um knapp 9%. Die Wasch- und Körperpflegemittelhersteller profitierten von der gestiegenen Konsumnachfrage. Die Produktion von Chemikalien, die als Vorleistungen in anderen Industriezweigen benötigt werden, legte wegen der guten Industriekonjunktur weiter zu. Allerdings wird das Wachstum dort vor allem von den Fein- und Spezialchemikalien getragen, während die Polymerproduktion kaum noch wuchs.

Erzeugerpreise steigen weiter

Im laufenden Jahr kletterten die Erzeugerpreise für Chemikalien von Monat zu Monat. Chemische Erzeugnisse waren im dritten Quartal gut 4% teurer als ein Jahr zuvor. Die anziehende Chemiekonjunktur erlaubte es vielen Herstellern, die gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten an die Kunden weiterzugeben. Allerdings gelang dies nicht überall. Während sich Naphtha, der wichtigsten Rohstoff der Branche, im dritten Quartal um knapp 10% gegenüber dem Vorjahr auf nunmehr 470 €/t verteuerte, stiegen die Primärchemikalienpreise nur leicht. Die Propylenpreise stiegen beispielsweise im gleichen Zeitraum lediglich um 2,5 %. Die Margen der Petrochemie sind im laufenden Jahr wegen der Ölpreishausse unter Druck geraten. Die jüngsten Kurskorrekturen an den internationalen Ölbörsen sorgen inzwischen jedoch für eine gewisse Entspannung.

Umsatzplus im In- und Ausland

Der Aufwärtstrend bei Produktion und Erzeugerpreisen hinterließ auch in der Umsatzstatistik seine Spuren. Die Verkäufe der europäischen Chemieindustrie lagen im dritten Quartal 2006 gut 7% höher als ein Jahr zuvor. Dabei hielten sich Preis- und Mengenwachstum in etwa die Waage.

Der anhaltende weltwirtschaftliche Boom ließ die Chemieexporte weiterhin kräftig steigen, so dass die Verkäufe der Branche jenseits der EUGrenzen im bisherigen Jahresverlauf trotz des starken Euro um mehr als 12 % zulegen konnten. Das europäische Chemiegeschäft stützte sich zuletzt aber nicht mehr nur auf den Export. Die Verkäufe an europäische Kunden zogen ebenso deutlich an. Der Branchenumsatz innerhalb der Europäischen Union lag in den ersten drei Quartalen durchschnittlich gut 5% höher als ein Jahr zuvor. Die Branche profitierte vom Anziehen der Industriekonjunktur und einer sich belebenden Konsumnachfrage. Aber auch die außereuropäische Konkurrenz konnte die steigende europäische Chemienachfrage ausnutzen. Die Chemieimporte in die EU stiegen im bisherigen Jahresverlauf um fast 12 %.

Konjunkturtrübung erwartet

In einigen Monaten wird die europäische Chemieindustrie auf ein äußerst erfolgreiches Chemiejahr 2006 zurückblicken. Die Branche wird daher mit Schwung ins neue Jahr starten. Allerdings haben sich die Geschäftserwartungen zuletzt eingetrübt. Die Weltwirtschaft wird im kommenden Jahr weniger stark expandieren. In den USA sinken die Immobilienpreise. Dies belastet den Konsum, einen wichtigen Wachstumsträger der US-Wirtschaft. Auch in Asien wird die Wirtschaft vermutlich langsamer wachsen als noch in diesem Jahr. Das dämpft die Exporterwartungen der europäischen Chemieindustrie.

Auch in der EU wird die Chemienachfrage im kommenden Jahr weniger stark wachsen als zuletzt. Die Wirtschaftsforschungsinstitute prognostizieren für viele europäische Volkswirtschaften eine Wachstumsabschwächung. Dies gilt besonders für Deutschland. Hierzulande wird das Bruttoinlandsprodukt im kommenden Jahr nicht nur wegen der Mehrwertsteuererhöhung nur noch um rund 1,5% wachsen. Die Konjunktureintrübung wird ihre Spuren im europäischen Chemiegeschäft hinterlassen. Das Wachstum der Chemieproduktion wird sich im kommenden Jahr von derzeit gut 4% auf weniger als 3% verlangsamen.