BDI-Präsident Thumann fordert Europäisches Patenrecht
21.01.2012 -
„Erfindungen sind der Rohstoff der Wissensgesellschaft. Wir brauchen in Europa dringend mehr zukunftsfähige Innovationen. Dazu müssen wir Patente wirksamer schützen“, erklärte Bundesjustizministerin Zypries bei der Eröffnung der internationalen Konferenz „Europa der Innovationen – Fit für die Zukunft?“ Ende März in Berlin.
An der zweitägigen Veranstaltung im Haus der Deutschen Wirtschaft, die vom Bundesministerium der Justiz und dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) veranstaltet wurde, nahmen über 250 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft, Justiz, Patentinstitutionen und Nichtregierungsorganisationen teil. In sechs Foren diskutierten sie über den Schutz europäischer Erfindungen vor Produktpiraterie in Asien, die speziellen Probleme der kleinen und mittleren Unternehmen oder den Patentschutz in Zukunftstechniken wie der Bio- und der Informationstechnologie.
Derzeit werden jährlich knapp 200.000 Patente beim Europäischen Patentamt angemeldet. Die Hälfte davon, also ungefähr 100.000, stammt aus dem europäischen Wirtschaftsraum, über 20.000 aus Deutschland. „Diese Zahlen belegen, Europa ist hoch innovativ. Um das zu bleiben, brauchen wir eine effiziente Patentpolitik. Patente müssen in Europa einheitlich, rechtssicher und erschwinglich sein“, sagte BDI-Präsident Jürgen R. Thumann. Er forderte ein Gemeinschaftspatent für Europa sowie Patente, die einen umfassenden Schutz gewähren und dabei auch modernen Technologien gerecht werden.
Vielfach kritisiert auf der Berliner Konferenz wurden die hohen Verfahrens- und Übersetzungskosten für ein europäisches Patent. Zum Vergleich: Bei einer angestrebten Geltung in 13 Mitgliedsstaaten – ein Durchschnittswert – ist nach neuesten Erhebungen das europäische Patent bis zu 11 mal teurer als ein US-Patent. Und bis zu 13 mal teurer als ein japanisches Patent. „Das können wir uns auf Dauer nicht leisten“, warnte Thumann.
Die deutsche Bundesregierung und Industrie fordern daher seit langem ein europäisches Patentsystem, das weniger kostet und mehr Rechtssicherheit schafft. Dazu soll das bestehende Verfahren beim Europäischen Patentamt in München ausgebaut werden. Die Bundesregierung setzt sich für das baldige Inkrafttreten des Londoner Protokolls zur Reduzierung der Übersetzungskosten von Patenten und für das grenzüberschreitende Streitregelungssystem EPLA (European Patent Litigation Agreement) ein. Mit dem Londoner Protokoll werden die Übersetzungskosten im Durchschnitt halbiert.
Das EPLA hätte den Vorteil, dass – ebenso wie beim Londoner Sprachenprotokoll – einige Mitgliedstaaten mit gutem Beispiel vorangehen und andere Mitgliedstaaten dann hoffentlich bald folgen würden, sagte Thumann. „Für einen gemeinsamen Binnenmarkt ist es für mich nur schwer nachvollziehbar, dass Patentstreitigkeiten noch in den verschiedenen Mitgliedstaaten getrennt ausgetragen werden. Die damit einhergehende Rechtsunsicherheit muss möglichst schnell beendet werden“, forderte der BDI-Präsident.