Nachhaltiges Wirtschaften
Prof. Dr. Erhard Meyer-Galow über seine Stiftung und den Meyer-Galow-Preis für Wirtschaftschemie
In diesem Jahr schreibt die „Meyer-Galow-Stiftung für Wirtschaftschemie" unter dem Dach der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) erstmalig den "Meyer-Galow-Preis für Wirtschaftschemie" aus. Der Preis wird jährlich an eine Preisträgerin oder einen Preisträger verliehen, die/der im deutschen Sprachraum, alleine oder mit einem Team, eine aktuelle Innovation der Chemie erfolgreich in den Markt eingeführt hat. Interview mit dem Stifter.
CHEManager: Herr Professor Meyer-Galow, welche Bedeutung hat die Wirtschaftschemie heute für die Chemie?
Prof. Dr. Erhard Meyer-Galow: Für die Chemie hat die Wirtschaftschemie eine wichtige und zunehmende Bedeutung. Zunächst einmal freue ich mich, dass Studierende an den Universitäten Düsseldorf, Kiel, Münster, Ulm und Zürich Wirtschaftschemie studieren können. Das Interesse nimmt stetig zu und ich würde mich freuen, wenn dieser Studiengang auch an anderen Hochschulen eingeführt werden würde. Die Industrie übernimmt gerne Absolventen von diesen Hochschulen.
Natürlich betreiben aber nicht nur die ausgebildeten Absolventen dieses Studiengangs Wirtschaftschemie. An der Schnittstelle von Chemie und Markt arbeiten viele in der Wirtschaft mit sehr unterschiedlichen Ausbildungen. Die Bewerbungen um den von mir gestifteten Preis für Wirtschaftschemie werden uns die Vielfalt aufzeigen.
Spiegelt die zunehmende Bedeutung der Wirtschaftschemie für die Chemische Industrie auch die Intention wider, die hinter Ihrer Stiftung und dem „Meyer-Galow-Preis für Wirtschaftschemie" steht?
Prof. Dr. Erhard Meyer-Galow: Ja! Mit der Stiftung und dem „Meyer-Galow-Preis für Wirtschaftschemie" möchte ich einen motivierenden Impuls für die Wirtschaftschemie setzen. Die Idee zur Stiftung kam mir beim Schreiben meines Buchs „Leben im Goldenen Wind". Ich habe mein ganzes Berufsleben an der Schnittstelle zwischen Chemie und Wirtschaft gearbeitet. Deshalb war mir die Wirtschaftschemie immer wichtig. Während meiner GDCh-Präsidentschaft 1998/99 habe ich mich für die Einführung eines Studiengangs „Wirtschaftschemie" eingesetzt. Deshalb habe ich selbst als sichtbares Zeichen viele Jahre an der Wilhelm-Universität in Münster Vorlesungen über Wirtschaftschemie gehalten und als Vorstandvorsitzender der Hüls AG den Stiftungslehrstuhl „Betriebswirtschaftslehre für Naturwissenschaften, insbesondere der Chemie" auf den Weg gebracht. In diese Zeit fällt auch die Gründung der "Vereinigung Chemie und Wirtschaft", die sich bis heute erfreulich entwickelt.
Wer kann für den „Meyer-Galow-Preis für Wirtschaftschemie" nominiert werden?
Prof. Dr. Erhard Meyer-Galow: Der Preis wird an eine Preisträgerin oder einen Preisträger verliehen, die bzw. der im deutschen Sprachraum eine aktuelle Innovation der Chemie erfolgreich in den Markt eingeführt hat. Honoriert werden soll also die herausragende und erfolgreiche Transferleistung von der Chemie in den Markt.
Welche Bedingungen müssen die Nominierten denn erfüllen?
Prof. Dr. Erhard Meyer-Galow: Die Preisträgerin oder der Preisträger erweist sich insbesondere dann als würdig, wenn sie oder er eine Innovation in den Markt eingeführt hat, bei der der Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit weitgehend berücksichtigt ist, und die einen besonderen notwendigen Wert für unsere Gesellschaft bedeutet. Eine Elite kann doch nur dann mit gutem Recht so bezeichnet werden, wenn sie unserer gesamten Gesellschaft nützt und nicht nur einer Gruppe nützt und dem Rest schadet, nicht wahr? Es sollte sich darüber hinaus um eine gereifte Persönlichkeit handeln, die sich bei allen einer hohen menschlichen Wertschätzung erfreut.
Der Begriff Nachhaltigkeit hat heute zahlreiche Facetten. Was verstehen Sie im Zusammenhang mit Wirtschaftschemie unter Nachhaltigkeit?
Prof. Dr. Erhard Meyer-Galow: Nachhaltiges Wirtschaften bedeutet für mich, wenn eine Innovation unserer ganzen Gesellschaft wirklich gut tut und wenn sie nicht nur der Natur und Umwelt nicht schadet, sondern nützt. Wenn dann zusätzlich diese Innovation wirtschaftlich erfolgreich ist, also die Kapitalkosten verdient und den Wert des Unternehmens steigert, dann verdient die Innovation unsere Anerkennung. Zusammenfassend könnte man dann feststellen, dass diese Innovation „das Lebende lebendiger werden lässt", wie mein Freund, der Quantenphysiker Hans-Peter Dürr gerne sagt.
Wie oft soll der Preis verliehen werden und wer entscheidet?
Prof. Dr. Erhard Meyer-Galow: Der Preis in Höhe von 10 000.-€ soll jährlich verliehen werden, und zwar bei dem Unternehmen des Preisträgers oder der Preisträgerin. In diesem Jahr endet die Nominierungsfrist am 31. Juli 2012 und der Preis wird im Herbst offiziell verliehen. Über die Preisvergabe entscheidet der Stiftungsrat. Und ich freue mich außerordentlich, dass mich dabei so kompetente Kollegen wie der Vorsitzende der Vereinigung für Chemie und Wirtschaft Professor Dr. Thomas Beißwenger von Evonik, der stellvertretende GDCh-Präsident Professor Dr. Michael Dröscher, Dr. Thomas Geelhaar, Chief Technology Officer des Unternehmensbereichs Chemie von Merck KGaA, Professor Dr. Jens Leker, der Direktor des „Instituts für betriebswirtschaftliches Management im Fachbereich Chemie und Pharmazie" der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, und Dr. Friedrich Seitz, Leiter des Kompetenzzentrums Chemie und Engineering der BASF, unterstützen.
Was erhoffen Sie sich von der Auslobung des „Meyer-Galow-Preises für Wirtschaftschemie?
Prof. Dr. Erhard Meyer-Galow: Ich wünsche mir, dass möglichst viele Innovatoren bei ihrer Transferleistung in den Markt versuchen, die geschilderten Kriterien zu erfüllen. Ich wünsche mir auch eine erhöhte Aufmerksamkeit und Anerkennung in der Öffentlichkeit gegenüber einer Chemie, die unter Beweis stellt, wie sie „das Lebende lebendiger werden lässt".
Wie Sie bereits erwähnten, wird der Studiengang Wirtschaftschemie derzeit lediglich an fünf Universitäten im deutschen Sprachraum angeboten. Da sind uns andere voraus. Wie beurteilen Sie die Ausbildungsmöglichkeiten für Wirtschaftschemiker bei uns im internationalen Vergleich?
Prof. Dr. Erhard Meyer-Galow: Ich möchte gar nicht werten. Der Wert der Ausbildung hängt von der Qualität des Studiengangs und von der Bedeutung der Universität in diesem Fach ab. Fakt ist: Mit der Einführung des Studiengangs Wirtschaftschemie haben wir eine Lücke geschlossen. Im Ausland, besonders im angelsächsischen Sprachraum, konnte man immer schon beispielsweise seinen Bachelor in Chemie oder einer anderen Naturwissenschaft und anschließend seinen MBA, d.h. Master of Business Administration machen. Durch die Einführung der Bachelor-und Masterstudiengänge bei uns sind die Studiengänge vergleichbarer geworden.
Was raten Sie Abiturienten, die überlegen, Chemie oder Wirtschaftschemie zu studieren?
Prof. Dr. Erhard Meyer-Galow: Wenn ein Abiturient oder ein Abiturientin schon zu Anfang weiß, dass er oder sie später auf jeden Fall einmal marktnah arbeiten will, dann würde ich raten, Wirtschaftschemie zu studieren. Dadurch spart man sehr viel Zeit und kann so früher ins Berufsleben einsteigen. Es wäre also eine frühe Spezialisierung. Wenn sich ein Abiturient alle Berufsoptionen in der Chemischen Industrie wie z.B. Forschung, Produktion, Anwendungstechnik oder Marketing offen halten will, dann sollte er Chemie studieren, auch wenn es wesentlich länger dauert. Er kann nach dem Chemiestudium dann immer noch marktnah arbeiten und hat eine wesentlich intensivere Chemieausbildung, von der er manches nicht braucht. Es kann natürlich auch von Vorteil sein, nach dem Chemiestudium in einem Unternehmen mehrere Stationen zu durchlaufen, wie es heute oft üblich ist. Es hängt also sehr von den Interessen und Intentionen des Einzelnen ab.
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